Bis 30. März 2023 findet in der Tarifauseinandersetzung bei der Post eine erneute Urabstimmung statt. Wir veröffentlichen den Aufruf einiger Vertrauensleute aus verschiedenen Niederlassungen, die für ein Nein bei der Abstimmung plädieren:

Aufruf: NEIN zum neuen Angebot! – JA zu einer starken ver.di!

Es ist nur wenige Tage her, dass wir mit überwältigenden 85,9 Prozent für einen unbefristeten Streik gestimmt haben, um unsere notwendige, gerechte und machbare Forderung von 15 Prozent durchzusetzen. Wir hatten endlich wieder ein klares Gefühl der Stärke, waren stolz auf uns und unsere Gewerkschaft und konnten dem Arbeitgeber offensiv die Stirn bieten, um unsere gemeinsamen Interessen durchzusetzen.

Der Konzern hat nun überraschend ein „neues“ Angebot vorgelegt; die Konzerntarifkommission hat sich dazu entschieden, die Annahme dieses Angebots zu empfehlen und hat eine erneute Urabstimmung eingeleitet. Nun sind alle Mitglieder erneut gefragt: Wollen sie das Angebot der Deutschen Post annehmen oder wollen sie in einen Arbeitskampf für mehr eintreten? Diese Entscheidung sollten wir uns nicht leicht machen. Wir gehen davon aus, dass die Konzerntarifkommission sich die Entscheidung für ihre Empfehlung ebenfalls nicht leicht gemacht hat.

Nach gründlicher Überlegung haben wir uns als Kolleg*innen und Vertrauensleute dazu entschieden, für ein „Nein“ zum Angebot und für ein „Ja“ zum Arbeitskampf einzutreten.

Im Folgenden wollen wir euch begründen, wie wir zu dieser Position kommen und hängen auch ein Fragen und Antworten-Papier an, in dem wir einige aktuelle Fragen aufgreifen.

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Übersetzung aus dem US-Amerikanischen, zuerst erschienen auf labornotes.org am 17. April 2021

Es scheint fast, als hätte jeder und jede eine Analyse zur Niederlage der RWDSU (Einzelhandels-, Großhandels- und Kaufhausgewerkschaft) bei den Gewerkschaftswahlen am 9. April in einem Amazon-Lager in Bessemer, Alabama, veröffentlicht. Aber selten hört man dabei direkt Stimmen aus Alabama.  Luis Feliz Leon, Autor von Labor Notes, sprach daher am 13. April mit Joshua Brewer, dem führenden Organizer der RWDSU vor Ort. 

Das Transkript wurde aus Gründen der Länge und Klarheit leicht bearbeitet.

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Die Umkehrung des "Modells"

KIM MOODY

November 8, 2020

 

Wenn Jane McAlevey über Organizing spricht, hören die Leute zu. Im Herbst 2019 führte McAlevey über Zoom eine Organizingschulung mit Übersetzung für rund 1.400 Personen in vierundvierzig Ländern durch. Als sie unter den Bedingungen der Covid-19-Isolation weitere wöchentliche Sitzungen veranstaltete, loggten sich über 3.000 Menschen ein. Angesichts der Tatsache, dass sich die organisierte Arbeiterschaft weltweit im Niedergang und in einer Krise befindet, ist es kein Wunder, dass sich so viele siegeshungrige Führer*innen, Aktivist*innen und Sympathisant*innen einschalteten, um zu hören, wie diese erfahrene Gewerkschafterin ihr Heilmittel gegen die seit langem bestehenden Leiden der Arbeiterschaft erläutern konnte. McAlevey, eine Community-Organizerin, die sich zur Gewerkschafts-Organizerin, Akademikerin und Gewerkschaftsberaterin gewandelt hat, hat viel über die Krankheiten der Arbeit und das Handwerk des Organisierens zu sagen. Wer die Zoom-Reihe verpasst hat, kann in den drei Büchern, die sie in den letzten Jahren geschrieben hat, sehr ausführlich darüber lesen. Anstatt sie einzeln durchzugehen oder zu versuchen, sich mit über 800 Seiten Erzählung auseinanderzusetzen, werde ich versuchen, McAleveys grundlegende Themen, Methoden und Analysen zusammenzufassen und kritisch zu analysieren, wenn auch nicht unbedingt in der Reihenfolge, in der sie in den drei Büchern erschienen sind.

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Trotz Rekordbeteiligung zeigen die hauchdünnen Gewinne die Trump bei den jüngsten Wahlen verdrängt haben, deutlich die Bedeutung von persönlichen Gesprächen vor Ort und zeitnahen persönlichen Weiterverfolgung durch geschulte Wahlhelfer - insbesondere bei der Gewinnung schwarzer und lateinamerikanischer Wähler aus der Arbeiterklasse.

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Covid 19: (fehlende) Schutzmaßnahmen, Streiks und Organisierung im internationalen Maßstab

Ein Gespräch mit Christian Krähling, Vertrauensleutesprecher von ver.di bei Amazon in Bad Hersfeld, über die Situation in Deutschland und weltweit.

Hier geht's weiter zum Video

 

Covid 19: Der Schutz von Beschäftigten und Patient*innen muss an erster Stelle stehen

Ein Gespräch mit Silvia Habekost, Pflegekraft in Berlin, über die derzeitige Situation in der Pflege, Schutzmaßnahmen, den 12 Stunden Tag und die Arbeitszeitverordnung,

aber auch dazu, wie Pflegekräfte in ganz Deutschland dafür kämpfen, bessere Bedingungen und Schutz für Beschäftigte und Patient*innen durchzusetzen, mit offenen Briefen, öffentliche Petitionen, Öffentlichkeitsarbeit etc.

In Berlin ist es ihnen gelungen innerhalb von sieben Tagen über 4.000 Unterschriften von Beschäftigten zu sammeln und damit gewerkschaftliche Strukturen trotz oder gerade wegen Pandemiezeiten zu festigen und aufzubauen - für ein patientenorientiertes statt erlösorientiertes Gesundheitssystem.

 

Erfolg nach zehn Jahren Kampf: In der Persönlichen Assistenz in Berlin gilt jetzt der Tarifvertrag der Länder
Gespräch mit Klaus Drechsel im Sommer 2020

Bei den Assistenzbetrieben Neue Lebenswege GmbH und ambulante dienste e.V. in Berlin mit zusammen etwa tausend Beschäftigten ist es im April und Mai gelungen, zwei der ersten Haustarifverträge in der Persönlichen Assistenz durchzusetzen – mit beinahe vollständiger Angleichung an den Tarifvertrag der Länder (TVL).

Violetta Bock sprach mit KLAUS DRECHSEL, Tarifkommissionsmitglied bei ambulante dienste (ad), über die Ergebnisse und wie sie im Laufe von zehn Jahren dorthin kamen.

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HANDELSWEGE, ÜBERTRAGUNG UND INTERNATIONALE SOLIDARITÄT

KIM MOODY, 8. April 2020

Im Englischen veröffentlicht im Magazin „Spectre“, übersetzt von OKG

Der Kapitalismus hat die Übertragung von Krankheiten beschleunigt. Historisch gesehen haben sich die meisten Epidemien geographisch durch zwei gängige Formen menschlicher Fernbewegungen verbreitet: Handel und Krieg. Der Zeitpunkt hat sich jedoch mit dem Aufstieg des Kapitalismus dramatisch verändert.

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Artikel als pdf

Ein Gespräch zur aktuellen Situation derer, die in den Krankenhäusern arbeiten und kämpfen müssen!

Gesundheit darf keine Ware mehr sein!

Im Krankenhaus zu arbeiten war noch nie ein Zuckerschlecken. Das wird gerade nicht besser, wenn auch jedem/jeder klar geworden sein sollte, wie "systemrelevant" die Arbeit der KollegInnen dort ist.

Wir wollten wissen, was dort gerade so abgeht, welche Anforderungen dort an Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen gestellt werden. Deswegen hat Michael Heldt mit Tobias Michel, dem Autor der Schichtplanfibel www.schichtplanfibel.de geplaudert.

 

Jane Slaughter/LaborNotes

Übersetzung aus dem US-Amerikanischen

 

Wenn es jemals eine Zeit gab, zu sagen: "Ich kämpfe für jemanden, den ich nicht kenne", dann ist es jetzt. Wenn wir es jemals so gemeint haben, als wir sagten: "Eine Verletzung eines Einzelnen ist eine Verletzung für alle...", dann verstehen wir jetzt, warum das so ist.

Die von der Arbeiterbewegung hochgeschätzten Werte der Solidarität und Geschwisterlichkeit sind unsere einzige Chance, wenn wir nicht wollen, dass unsere Ältesten vor ihrer Zeit sterben.

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Kirsten Huckenbeck im Gespräch mit »Organisieren. Kämpfen. Gewinnen«

zuerst erschienen in: express 8/9 2019

 

Am 26./27. Oktober findet in Kassel die zweite Konferenz von OKG – »Organisieren, Kämpfen, Gewinnen« – statt. Die 2014 gegründete Gruppe, die sich eher als Netzwerk in Ausbreitung begreift und sich vorgenommen hat, in die Fußstapfen der US-Zeitschrift Labor Notes zu treten, will »betrieblich Aktiven, Menschen aus Solidaritätskreisen und interessierten GewerkschafterInnen Raum bieten, um über Herausforderungen und Erfolge in der eigenen Arbeit für eine unbequeme, lebendige und solidarische Gewerkschaftsarbeit zu diskutieren – und voneinander zu lernen«. Den verheißungsvollen Dreiklang OKG aufgreifend, sprachen wir mit Yanira Wolf und Michael Heldt vom OKG-Team über das Selbst- und Gewerkschaftsverständnis des Netzwerks, Ergebnisse ihrer bisherigen und Schwerpunkte kommender Arbeit und über ihr Verhältnis zu anderen Initiativen mit ähnlichem Anliegen – nicht zuletzt aber auch über die Hoffnungen auf ein Organizing-›Renewal‹, die sich derzeit an Jane McAleveys »Keine halben Sachen. Machtaufbau durch Organizing« heften. Der Kreis der OKG-OrganisatorInnen hatte 2018 die Labor Notes-Publikation »Secrets of a Successful Organizer« übersetzt und bietet selbst neben Beratung und Bildung auch Organizing-Seminare an.

 

KH: Fallen wir mit der Tür ins Haus: Ihr wollt als OKG eine »Ressource für Aktivistinnen und Aktivisten in den Betrieben und Gewerkschaften werden, die die Angriffe der UnternehmerInnen, die weitere Prekarisierung und die Krise unserer Gewerkschaften bekämpfen wollen«. Wollen das die Gewerkschaften nicht auch? Ist das nicht ursprüngliche Gewerkschaftsaufgabe? Warum ein eigenes Netzwerk?

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OKG freut sich über den neuen Schwung, der in die Debatte um gewerkschaftliche Erneuerung durch das Buch von Jane McAlevey „Keine Halben Sachen“ gekommen ist.

Anbei haben wir die bereits zitierte Kritik von Labor Notes ins Deutsche gesetzt, da wir deren Stoßrichtung teilen und der Meinung sind, dass die deutsche Gewerkschaftslandschaft auch auf diese Kritik hin überprüft werden sollte.

Denn Organisieren - also Organizing - ist wichtig, um Arbeiter*innenmacht aufzubauen, aber nur ein erster Schritt, nach dem viele weitere kommen müssen. Über die müssen wir reden, wenn wir aus der gewerkschaftlichen Defensive kommen wollen. Dazu gehört die Frage, wie wir nachhaltig dazu beitragen können, dass in den Betrieben eine kämpferische Basis bleibt, wenn Organizingprojekte abgeschlossen sind. Und was heißt es demokratische Gewerkschaften zu erkämpfen, die mit der Sozialpartnerschaft brechen? Wenn Organizing gut läuft, dann entstehen betriebliche Kerne, die laut sagen, was sie wollen und die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Ohne sie werden wir nicht gewinnen. Aber gewinnen werden wir auch nicht, wenn wir die größere Frage nicht aufwerfen, wie die klassenpolitische Ausrichtung unserer Gewerkschaften zu verändern ist und wie wir für mehr demokratische Strukturen sorgen können. Sicher ist nur: Aus Organizing allein ergibt sich das nicht.

Wir führen diese Debatte gerne auf der Vernetzungskonferenz am 26.-27.10. in Kassel fort.

 

Übersetzung von https://labornotes.org/blogs/2017/10/review-no-shortcuts-organizing-power-new-gilded-age

Das Buch von Jane McAleveys ‚No Shortcuts‘ (auf Deutsch „Keine Halben Sachen“, im VSA Verlag erschienen) ist ein aufregendes Buch. Es erzählt...

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Dies ist eine Übersetzung einer Checkliste von Labor Notes. Labor Notes hat immer betont, dass es für gewerkschaftliche Macht Demokratie braucht. Und zwar, weil eine Gewerkschaft aktive Mitglieder braucht, um stark zu sein – und weil Leute nicht lange aktiv bleiben, wenn sie nicht ernsthaft mitreden können. 

Aber ‘demokratisch zu sein’ ist leichter gesagt als getan. Wie sieht es in der Praxis aus, wenn man demokratisch organisiert? Wie könnt ihr eure Arbeit so gestalten, dass ihr mehr Leute einbezieht?

Ein Anfang ist mit dieser Checkliste gemacht. Sie wurde für Gewerkschaftsaktive und sogenannte Organizer*innen erstellt. Sie ist nicht vollständig und lädt zum Diskutieren ein– ihr könnt sie erweitern und verändern. 

 

1. Arbeitet ihr mit anderen zusammen?

Sich organisieren (engl. = organizing) heißt, mit anderen zusammen an Veränderungen zu arbeiten. Individuelle Lösungen sind keine Wege zu Macht und Durchsetzungsfähigkeit. Ein Alleingang oder die Aktion einer kleinen Gruppe ist zum Scheitern verurteilt. Seid geduldig, solidarisch und behaltet die Kosten im Auge. Macht euren KollegInnen klar, dass ihr aufeinander angewiesen seid; und dass in eurer (Gewerkschafts-) Gruppe Platz für sie ist – und zwar nicht nur als Fußsoldaten, sondern als voll- und gleichwertiges Mitglieder und AnführerInnen.

 

2. Hinterfragt ihr Autoritäten?

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Erschienen Herbst 2019

Diese Broschüre beschäftigt sich mit den Aufbau von Gewerkschaftsmacht und will Wege aufzeigen zu mehr Gewerkschaftsdemokratie. Daher haben wir zwei Texte des u.s. amerikanischen Gewerkschaftsnetzwerkes Labor Notes übersetzt, die auf die Alltagspraxis im Betrieb schauen und viele hilfreiche Tipps geben. Mehr hiervon findet ihr auch in dem von uns übersetzten Buch „Geheimnisse einer erfolgreichen Organizerin“. Eine weitere Übersetzung ist der Text vom Gewerkschaftsaktivisten Kim Moody. Er zeigt auf, wie wichtig der gewerkschaftliche Machtaufbau „von unten“ ist. Thomas Goes führt uns mit detailliertem Blick auf verschiedene Ebenen durch die Gewerkschaftslandschaft in Deutschland.

«Die bad boys sind wieder von der Straße»

Gespräch mit Michael Akinlaton,

Mai 2019

Ver.di und die Deutsche Post AG haben im März eine Tarifeinigung zum 1.Juli 2019 verkündet. Die rund 13000 Beschäftigten der im Jahre 2015 gegründeten Regionalgesellschaften (DHL Delivery GmbHs) sollen in die Haustarifverträge der Deutschen Post AG übergeleitet werden. «Jetzt gibt es wieder eine Belegschaft bei der Deutschen Post AG. Künftig gilt wieder: ein Betrieb, ein Tarifvertrag», sagte die stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Aber ist das wirklich so? Violetta Bock sprach darüber mit Michael Akinlaton. Er ist seit Ende 2015 Betriebsratsvorsitzender bei der DHL Delivery Kassel. Im Herbst 2018 erhielt er den Betriebsrätepreis.

 

Wie bist du gewerkschaftlich aktiv geworden?

Am 12. September 2012 habe ich bei der Deutschen Post als Konsolidierer, oder auch Kommissionierer genannt, in einer großen Sortieranlage angefangen, bei der wir die Briefe nach Postleitzahlen etc. sortiert haben. Damals hat man mir einen 22-Stunden Vertrag angeboten. Den habe ich akzeptiert, denn man macht Nachtschicht, erhält ein 13. Monatsgehalt, hat Anspruch auf Betriebsrente, erhält eine sog. Leistungsprämie, je nachdem wie man arbeitet. Es sind bis zu 1200 Euro möglich je nach Punktsystem. Das habe ich zusammengerechnet und mir gedacht, ok damit komme ich auf eine gewisse Summe, die ich für meinen Lebensunterhalt brauche und muss nicht auf Staatskosten leben.

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Ein Gespräch mit Frauke Banse. Frauke Banse arbeitet momentan als Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Universität Kassel.

21.11.2018

Du bist in der Initiative „Uni Kassel Unbefristet“ aktiv. Auf eurer Homepage schreibt ihr: „Uni Kassel Unbefristet engagiert sich für die Entfristung von wissenschaftlich wie technisch-administrativen Beschäftigten an der Uni Kassel.“ Erzähl doch bitte etwas ausführlicher, wer seid ihr? Warum gibt es euch? Was sind eure Anliegen?

Inzwischen steht da zum Glück etwas mehr. Wir haben uns im Zuge des Warnstreiks  [Tarifauseinandersetzung Öffentlicher Dienst Hessen 2017] Anfang vergangenen Jahres zusammengefunden und dabei gemerkt, dass uns alle das Thema Befristung unserer Arbeitsverträge stresst und empört.

Es war klar, das betrifft sehr, sehr viele Kolleg_innen direkt, aber auch indirekt. Indirekt nämlich dann, wenn z.B. die Kolleg_innen in Verwaltung immer wieder neue Leute in die Abläufe einführen, zig Verträge ausstellen oder Vakanzen füllen müssen. Arbeitsverdichtung geht mit der Befristungsproblematik eng einher.

Das Kommen und Gehen ist auch für die Festangestellten zum Stressfaktor geworden. An der Uni Kassel sind ca. 90% des wissenschaftlichen Personals befristet beschäftigt, auch bei den Kolleginnen im technischen und administrativen Bereich ist die Befristung in vielen Bereichen ein großes Problem – und eben auch der Stress der Festangestellten.

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Bradbury, Alexandra / Brenner, Mark / Slaughter, Jane

Hast Du Probleme am Arbeitsplatz? Bekommst Du zu wenig Geld? Sind die Arbeitsbedingungen unsicher oder hat es die Geschäftsführung auf eine Kollegin oder einen Kollegen abgesehen?

Dieses Buch zeigt Dir, wie Du mit Methoden des Organizing dagegen kämpfen und gewinnen kannst. Es verrät 47 Geheimnisse des Organizing, die auf Erfahrungen und Erkenntnissen von Generationen von aktiven GewerkschaftlerInnen beruhen – veranschaulicht in Hunderten von wahren Geschichten und ergänzt durch zahlreiche praktische Hinweise.

Dieses Buch stammt von «Labor Notes», ein US-amerikanisches Öffentlichkeits- und Organizing-Projekt, das seit 1979 Menschen eine Stimme gibt, die die Bewegung zurück in die Gewerkschaftsbewegung bringen wollen.
Dieses Buch wurde übersetzt von «OKG – Organisieren Kämpfen Gewinnen».

1.Auflage 2018, 13,80 Euro

Zu bestellen beim Schmetterling Verlag

 

Weitere Infos und Links zu den Handouts zum Download

 

 

 

Interview mit Dan DiMaggio aus dem Vorbereitungskreis von Labor Notes

OKG: Die diesjährige Konferenz war die größte, die es je gab. Wie ist der Stand des Projekt Labor Notes und wie ist das Interesse von Arbeitern und Gewerkschafterinnen?

Derzeit läuft Labor Notes richtig gut und das wurde bei der Konferenz dieses Jahr sehr deutlich. Ich sage das, auch wenn man natürlich sehen muss, dass die Arbeiterbewegung permanent Angriffen ausgesetzt ist und vor enormen Herausforderungen steht, wie etwa der Janus-Fall zeigt. Und die Tatsache, dass es in den USA extrem schwer ist eine Gewerkschaft zu organisieren. Nur sechs Prozent der Arbeiter im privaten Sektor sind Gewerkschaftsmitglieder und ich kann mir kein Szenario vorstellen, indem sich das in absehbarer Zeit ändert. Kein Massenaufstand, auch wenn der Lehrer-Streik in West Virginia zeigt, wie schnell sich Dinge entwickeln können – er ist auf Oklahoma übergesprungen ist, auf Kentucky und bald vielleicht auch auf Arizona. Niemand meiner Generation, ich bin 35 Jahre, hat –denke ich – so etwas schon zuvor miterlebt, wie die Bewegung sich ausbreitet und die Theorie aus Textbüchern, nach denen Entwicklungen in Wellen passieren, tatsächlich Wirklichkeit wird.

Aber als Projekt entwickelt sich Labor Notes gut. Man muss sich ja vorstellen...

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Bericht von der Konferenz in Chicago Anfang April 2018

Die USA gelten nicht gerade als Epizentrum der Gewerkschaftsbewegung. 6,5 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft und gerade noch 34,4 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind Gewerkschaftsmitglied. Donald Trump und seine Republikaner stehen für einen strammen antigewerkschaftlichen Kurs.

Demgegenüber vermittelte die diesjährige Labor Notes-Konferenz regelrechte Aufbruchsstimmung. Vom 6. bis 8. April fanden rund 3.000 Gewerkschaftsaktive, Organizer/-innen und politische Aktivisten aus 24 Ländern den Weg nach Chicago, um Erfahrungen zum Aufbau gewerkschaftlicher Gegenmacht auszutauschen. 2018 war nicht nur die größte Konferenz in der Geschichte des Projektes, es war zugleich die jüngste und inhaltlich vielfältigste.

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Eine Kinderkrankenschwester erzählt vom Alltag im Krankenhaus

Interview vom 31.03.2017

Die Krankenhäuser werden kaputtgespart, es fehlt Personal an allen Ecken und Enden. Ver.di bereitet sich auf flächendeckende Streiks vor, den Anfang machte am 27.März das Saarland mit Streiks in zwölf Krankenhäusern.

Anneli (Name von der Redaktion geändert) ist Kinderkrankenschwester. Sie hat ihre Ausbildung 1989 begonnen und arbeitete seitdem immer auf der gleichen Station, bis sie Ende letzten Jahres in Rente ging. Mit ihr sprach Violetta Bock über die Arbeitsbedingungen, die Veränderungen und wie die Pflege in Deutschlands Krankenhäusern abläuft.

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Union Busting und gewerkschaftliche Gegenwehr in einem hoch flexiblen Unternehmen.

Im Mittelpunkt dieser 32-seitigen Broschürestehen die gewerkschaftlichen Organisierungserfahrungen von betrieblich Aktiven in einem hochflexibel agierenden Unternehmen. Die AKtiven und Betriebsräte wurden dabei hart von der Geschäftsleitung angegriffen, ein lehrreicher Fall von Union Busting entwickelte sich.

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Ver.di@Amazon. Aufbau und Aktivierung eines gewerkschaftlichen Kerns.

Die 40-seitige Broschüre erscheint als Erste in der Reihe Aus der Praxis für die Praxis.  In der im September 2016 veröffentlichten Broschüre von OKG wird das ver.di Organizing-Projekt bei Amazon beleuchtet und der Aufbau einer gewerkschaftlichen Aktivengruppe im Betrieb nachgezeichnet. Die jetzt veröffentlichte Broschüre basiert auf Interviews, die unsere Autorin Violetta Bock im Rahmen einer politikwissenschaftlichen Masterarbeit geführt und in gemeinsamer Diskussion mit dem OKG-Team weiter verarbeitet hat.

Die Broschüre kann bestellt werden unter info(at)okg-mail.de

 

 

 

 

Aus der Krise zur Erneuerung?

Goes, Thomas E.:
Aus der Krise zur Erneuerung?
Gewerkschaften zwischen Sozialpartnerschaft und sozialer Bewegung

Neue Kleine Bibliothek 233, 186 Seiten

Totgesagte leben länger: Neue Ansätze in der praktischen Arbeit, Streiks und Lernbewegungen in den Betrieben – es tut sich etwas in den Gewerkschaften. Das ist dringend nötig, denn Prekarisierung und soziale Spaltung der Lohnabhängigen haben sie in die Defensive gedrängt. Sozialpartnerschaftliche Praxis blieb dem gegenüber hilflos. Neuerdings gibt es wieder Hoffnungsfunken. In Belegschaften hat der Druck von Oben die Wahrnehmung von Ungerechtigkeit verstärkt. Daran kann die gewerkschaftliche Organisierung ansetzen. Die neuen Ansätze blieben bisher aber vereinzelt. Das bremst die Erneuerung. Ein gemeinsamer Rahmen könnte die »Gewerkschaft als Bewegung« sein. Sie setzt auf klare Konfliktorientierung, den Ausbau demokratischer Machtpositionen in den Betrieben und die bewusste Verbindung mit anderen Organisationen und Aktivitäten, etwa mit Erwerbslosengruppen, Stadtteilinitiativen oder Antiprivatisierungsbündnissen. Ihr Horizont ist die möglichst umfassende Solidarität der abhängig Beschäftigten.

 

 

 

Rückenwind für die Gewerkschaften?

Ein Gespräch mit Thomas Goes* über gewerkschaftliche Organisierungserfolge in Ostdeutschland

OKG: Du hast an einer Studie mitgearbeitet, die sich mit gewerkschaftlichen Erfolgen in Ostdeutschland auseinandergesetzt hat. Worum ging es da?

Thomas: Wir haben 2015 untersucht weshalb es Gewerkschaften in Ostdeutschland nach langen Jahren des Rückgangs und der Stagnation wieder gelingt Betriebe zu organisieren. Dabei haben wir uns mit den Entwicklungen der letzten rund 5 Jahre beschäftigt. Der Ausgangspunkt waren eigentlich steigende Mitgliederzahlen. Das ist ja relativ neu. Denn nach der Wiedervereinigung gab es ja erstmal sowas wie eine gewerkschaftliche Eiszeit in den neuen Ländern. Man könnte sagen: Viele Kollegen sind einen Tauschpakt eingegangen, wenn sie denn das Glück hatten ihre Arbeit zu behalten. Das ging ja vielen gerade nicht so, Ergebnis der Einführung des Kapitalismus waren ja erstmal nicht die versprochenen blühenden Landschaften, sondern Massenarbeitslosigkeit und Deindustrialisierung. In den Betrieben, die übrig geblieben sind, etablierte sich ein Tauschpakt: Da wurde Leistungsbereitschaft und Zurückhaltung bei Lohn und anderen Dingen gegen einen erhofft sicheren Arbeitsplatz eingetauscht. Und dann, relativ unverhofft, gelang es der IG Metall und der Gewerkschaft NGG wieder Leute zu gewinnen, so dass die Mitgliederzahlen per saldo wieder gestiegen sind.  Da war natürlich die Frage: Warum? Und dem sind wir dann nachgegangen. Wir, das war eine Forschergruppe von vier Leuten von der Universität Jena.

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In der ganzen Postgeschichte war das die größte und härteste Auseinandersetzung

Interview vom 21.9.2015

Zwei Kollegen, die seit dem ersten Streiktag vorm Tor standen, erzählen wie sie auf den Streik zurück blicken, was seither passiert ist und was nächste Schritte sein kön nten. Sie arbeiten im gleichen Landkreis, der eine in der Briefzustellung, der andere in der mechanisierten Zustellbasis, und sie kannten sich vor dem Streik nicht. Ihre Namen wurden geändert .

OKG: Wenn ihr an den Streik zurück denkt, was kommt euch als erstes in den Sinn?

Andreas: Dass das Tarifergebnis nicht so war, wie wir es uns nach vier Wochen Streik erhofft haben. Ich glaub e, es ist eine allgemeine Einschätzung von Kollegen, dass da mehr hä tte rauskommen kö nnen oder müssen, gerade in Bezug auf die Ausgliederung.

Boris: Ich finde es auch sehr schade, dass das nicht bis zum Schluss durchgezog en wurde. I m Nachhinein wurde das immer mit rechtlichen Dingen begründet.

Andreas: Ja, sowohl von ver.di, als auch vom Betriebsrat und dann ist da noch d as Problem mit der Urabstimmung, die nicht stattfand. Das wird weder von ver.di noch dem Betriebsrat wirklich thematisiert, sondern es wird darüber hinweg gegangen.

OKG: Und wie war die Vorbereitung zum Streik?

Boris: Das Organisatorische - also das Streiklokal, die Streikgelderfassung, die Vorbereitu ng von Kaffee und Essen - war im Prinzip tippitoppi, das war superklasse. Aber in Bezu g auf Aktionen und die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema war es ausbaufähig.

Andreas: Man hätte vorher die Belegschaft viel besser mobilisieren müssen. Ich habe mich schlecht vorbereitet gefühlt. Anderen ging es auch so. Man wusste nur am Rande, um was es geht und es wurde versäumt, die Leute darauf einzuschwören. Wir haben uns auch mal erkundig t über die Möglichkeit von außerordentlichen Betriebsversammlungen. Man hätte im Vorfeld alle zwei Wochen vorher eine Betriebsversammlung machen können, um den Teamgeist zusammen zu schwören. Das kam dann erst nachher während des Streiks, also der Zusammenhalt hat sich während der Streikphase entwickelt. Was wir gelernt haben während dem Streik - nämlich wie wir uns besser organisieren - hätte man das im Vorfeld gehabt, hätten wie mehr erreichen können.

OKG: Wie ist der Streik angekündigt worden? Was waren fü r euch die wichtigsten Forderungen?

Andreas: Offiziell war die Forderung Lohnerhöhung und die Reduzierung der Arbeitszeit. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass das eine taktische Geschichte war, weil da der Tarifvertrag zur Wochenarbeitszeit auslief. Deswegen war es möglich zu streiken. Worum es eigentlic h ging, die Gründung der Tochtergesellschaften, ist kein Streikgrund, weil das eine unternehmerische Angelegenheit ist. Das Unternehmen der Post kann das führen wie es will, das ist eine Entscheidun g des Betriebes und damit ist es nicht bestreikbar. Deswegen war die Heruntersetzung der Wochenarbeitszeit auf 36 Stunden der offizielle Grund, aber das kam nicht so richtig durch bei den L euten. Das hätte man besser kommunizieren müssen.

OKG: Wie hat ver.di das dann davor vermittelt?

Andreas: Da gab es nur ein Flugblatt: Wochenarbeitszeit und mehr Lohn, und das ist ja auch richtig mit dem Lohn. Und natürlich wussten alle, es geht darum die Delivery zu kippen, aber das durfte nicht offiziell gesagt werden, weil es sonst passiert wäre wie bei der Lufthansa, wo die Gewerkschaft die Tochtergesellschaft bekämpfen will und das vom Gericht untersagt wurde, weil das kein Streikgrund ist.

OKG: Und habt ihr viel gelernt?

Andreas: Auf alle Fälle! Erstmal Leute, viele Kollegen. Wir sind auf viele Standorte verteilt, es gibt Briefzentren, die mechanisierte Zustellbasis, Briefzustellung Brief und Verbund und man sieht sich eigentlich nie. Wir waren zwei bis dreihundert im Streik und da kannte ic h eigentlich nur meine vier Kollegen. Den Rest habe ich dann erst kennen gelernt. Das war eine gute Möglichkeit sich zu vernetzen, auszutauschen und auch zu sehen, dass man nicht der einzige ist, der für die Sache kämpft. Das war sehr positiv.

OKG: Ist die Situation jetzt im Betrieb anders als vor dem Streik?

Andreas: Bei mir nicht. Business as usual.

Boris: Es wird auch nicht nachgetreten, keine Spitzfindigkeiten oder durch die Blume. Es ging zur Tagesordnung über ohne Dispute zwischen den Streikenden und denen, die gearbeitet haben. Zumindest bei uns. Auch nicht gegenüber Vorgesetzten. Da wurde kein Ton verloren, als ob es den Streik nie gegeben hätte. Auch bei Kollegen, das wurde tot geschwiegen, da wurde gar nichts drüber erzählt. Nur unter den Streikenden, da es mit dem Ergebnis viel Unzufriedenh eit gab, aber das hat man unter den Streikenden ausgemacht. Andere wurden da nicht mit einbezogen.

Andreas: Bei mir kamen schon zum Teil Leute, die nicht mitgestreikt haben, die meinten für das Ergebnis hätten wir nicht streiken müssen. Und denen hab ich auch gesagt, wenn mehr mitgestreikt hätten, hätten wir vielleicht auch ein besseres Ergebnis gehabt, dann meinte er „ ehrlich? “. Das ist den Leuten irgendwie nicht bewusst, dass je größer die Geschlossenheit ist, je größer ist die Chance die Ziele durchzusetzen.

Boris: Wie gesagt, man muss sich immer vergegenwärtigen, dass das bisher in der ganzen Postgeschichte die größte und härteste Auseinandersetzung der deutschen Post AG war.

Andreas: Im Nachhinein hab ich auch mal gehört, dass das bei der Post auch daher kommt, dass das mal ein Staatsbetrieb war, dass die Gewerkschaft vielleicht nicht so den kämpferischen Ansatz hat wie per se die Metaller oder so, die harte Arbeitskämpfe seit ihrer Gründung gewohnt sind. Bei der Post war das immer so, dass die Betriebsräte immer mit der Firma im Wohl von allen irgendwie verhandeln und es war nicht so notwendig da jetzt mit harten Bandagen zu kämpfen und dass die Post die Sozialpartnerschaft gekündigt hat, indem sie die Delivery gegründet hat, damit hat irgendwie keiner gerechnet und damit konnte auch niemand umgehen. Da war ver.di nicht vorbereitet, dass man auf so eine harte Maßnahme des Arbeitgebers auch härter reagieren muss. Man hat da ein Bisschen wie früher gedacht, man kann sich irgendwie einigen. Jedenfalls von der Art und Weise wie die Gewerkschaft sich verhalten hat, kann man das mal so ablesen.

OKG: Wie erklärt ihr euch dann den Abbruch?

Andreas: Ich war ja auf so einer Versammlung und da war jemand aus der Verhandllungskommission. Er meinte a) waren sie müde von den Verhandlungstagen, also einfach erschöpft, die Luft war raus und b) hatten sie den Eindruck, dass die Streikmoral am Abbröckeln war, also hatten wir ja dazwischen auch ein Bisschen. Und irgendwie hatte ver.di den Eindruck die Streikmoral bricht und hatte Angst, wenn sie jetzt die siebte Verhandlungsrunde platzen lassen und zwei Wochen weiter streiken und sich dann wieder zusammen finden zur 8.Verhandlungsrunde, dass dann wesentlich weniger Kollegen streiken und dann die Verhandlungsmöglichkeiten gegenüber der Post noch schwächer sind und so wurde es in der Versammlung auch erklärt. Deswegen hat man gedacht , jetzt nimmt man das was man kriegt.

Boris: Was mir bisher wirklich noch fehlt ist eine klare Begründung von der Führung für die ich sag mal Basismitgliedern, aus welchen Gründen das rechtlich nicht möglich ist, dass man in unternehmerische Entscheidungen nicht eingreifen darf: wenn man sieht, dass dadurch eine Verschlechterung der eigenen Mitglieder gegeben ist, beispielsweise im Lohn; wenn man sieht, dass durch den neuen Tarif, den die bekommen mindestens 20% weniger verdient wird als in den alten Verträgen; und wenn man überlegt, dass in ein paar Jahren nochmal eine zusä tzliche Differenz von sagen wir 30% eintrifft, weil die einen kriegen ja alle zwei Jahre eine Erhöhung und bei anderen bleibt das auf Level oder halt eben nur durch die geführten Tarifverhandlungen.

OKG: Was ist seit Ende des Streiks von gewerkschaftlicher Seite passiert?

Boris: Letztendlich wurde das nur unter sich besprochen ohne das einfache ver.di-Mi tglied mit einzubeziehen, um wirklich in den Nachdialog zu kommen. Es gab Treffen, aber keine offiziellen.

Andreas: Es wurden nachher die Tarifabschlüsse nochmal allen in Form von einem Flugblat t zugeteilt und natürlich auch positiv dargestellt: was vorm Streik war, was nachher war und dass das eigentlich ein guter Abschluss sei.

OKG: Und wie habt ihr vor Ort reagiert?

Andreas: Beim Abschluss schwer enttäuscht. Da gab es eine spontane Urabstimmung in unserem Streiklokal. Wir haben eine Liste rum gegeben, wie wir das Ergebnis finden.

Boris: Man kann ‘ s überschlagen mit ca. 90%, die das Ergebnis nicht toll fanden.

OKG: Aber ihr trefft euch weiterhin?

Andreas: Ja, daraus hat sich so eine kleine Gruppe gebildet mit der Erkenntnis, was man gelernt hat im Streik: sich zu vernetzen, Ideen zu verbreiten und dass man das weiter aufrecht halten muss. Denn: nach dem Streik ist vor dem Streik, weil die Tarifverträge laufen irgendwann aus und der Arbeitgeber hat gelernt. Die Post hat ihre Arbeit sehr gut gemacht und die sind schon richtig eingespielt mit Leiharbeitsfirmen etc. Da muss man sich beim nächsten Streik von Gewerkschaftsseite besser vorbereiten.

Boris: Ich habe mir auch gesagt, so wie es jetzt abgelaufen ist, unter anderem mit der Urabstimmung, dass das von meiner Seite nicht mitgetragen wird. Ohne Abstimmung am Anfang werde ich zukünftig nicht mehr mitmachen, weil ich mich auch instrumentalisiert gefühlt habe. Das war eigentlich nur ein Mittel, um den Streik mitzutragen.

OKG: Wie denkt ihr, kommt man dazu, dass das beim nächsten Mal anders abläuft? Wird ver.di von alleine lernen?

Andreas: Nur basisdemokratisch. Also sich vernetzen und das dann fordern. Über die Vertrauensleute. Man muss ein Netz aufziehen, dass dann zur ver.di Spitze geht und sagt, wir wollen eine Urabstimmung. Wie das genau geht, weiß ich auch nicht.

OKG: Habt ihr schon Ideen für nächste Schritte, wie man so was aufbauen kann?

Boris: Auf alle Fälle wollen wir uns positionieren und bei den nächsten Betriebsratswahlen mit aufstellen lassen. Entweder als Vertrauensleute oder als Betriebsrat, oder sowohl als auch.

Andreas: Hört sich jetzt vielleicht sehr kämpferisch an, aber man braucht eine möglichst bundesweite Vernetzung von Kollegen, wo dann Leute kurzfristig über die Kollegen, die sie in ihrer Region kennen, die Stimmung einholen können, vielleicht auch eine informelle Urabstimmung, die man an ver.di weiter reichen kann, um zu zeigen: hier, die Leute wollen eine Ur abstimmung. Das wäre zumindest ein Ergebnis, das umsetzbar ist, dass man sich da einfach zusammen schließt und sagt, nee, ohne Urabstimmung machen wir keinen Streik.

OKG: In einem Artikel nach dem Streik hat jemand geschrieben, man müsse nun über eine andere Gewerkschaft nachdenken. Was haltet ihr davon?

Boris: Also, von meiner Einstellung her, halte ich nicht viel davon zu wechseln oder das Rad neu zu erfinden. Ich versuch mit den Strukturen, die zur Verfügung stehen, das Beste draus zu machen.

Andreas: Mit einer neuen Gewerkschaft spaltet man das Ganze. Man muss eher versuchen, bei den vorhandenen Strukturen Einfluss zu nehmen und da Druck ausüben. Das ist ja keine P artei, das ist noch basisdemokratischer organisiert und auch nicht ideologisch verbrämt. Also, ich denke, da lässt sich mit Druck von unten nach oben schon viel verändern.

OKG: Ihr habt schon angesprochen, dass die Vernetzung vor Ort und bundesweit eine Rolle spielt. Spielt die Vernetzung zu anderen Betrieben für euch auch eine Rolle?

Boris: Ich selber habe bis jetzt nicht ganz so viel Erfahrung damit. Ich weiß, dass da eine Kollegin noch ein Stück aktiver war, aber das soll und wird auf alle Fälle nochmal kommen, um auch an anderen Standorten nochmal Kollegen zu sehen und zu hören.

Andreas: Es wäre wichtig und gut, wenn man es schafft sich mit den Gewerkschaften au s anderen Bereichen zu verbinden. Dann hat man einfach mehr Schlagkraft. Das Problem beim St reik war, dass ver.di den Erzieherstreik sehr getrennt fahren lie ß . Ver.id hatte Angst, dass sie die Streikkassen da überfordern. Man hätte vielleicht wirklich eine andere Strategie fahren sollen, ind em alle auf einmal streiken und dann einen kurzen harten Schlag. Aber das hat sich ver.di nicht getraut. Und bei der Post vielleicht, ich weiß nicht wie das mit der Kündigung von Tarifen ging, einfach den Streik später beginnen. Denn bei Streikende kamen die Sommerferien und da hat man Rückstau aufarbei ten können. Wenn man jetzt streiken würde, dann stapeln sich riesige Rückstände an. Das hätte die Post auch gewusst, die wäre dann panisch geworden.

Boris: Mal nur zu überlegen, wir hätten in der ersten Novemberwoche angefangen zu streiken und dann vier Wochen bis Anfang Dezember – ich glaub die Post hätte alles gemacht.

Andreas: Das ging jetzt nur, weil nicht so viel los als wir anfingen und als wir aufhörten, waren die Ferien und dann kam wenig nach und die Rückstände konnten abgearbeitet werden. Das wusste die Post, das wussten alle, das kann sich jeder ausrechnen. Das Problem war, dass die Post ein en super Plan hatte. Von Leiharbeitern, Werkverträgen, die Sonntagsarbeit in Hessen wurde geneh migt, es wurden relativ wild Leute angeheuert, die für 100 Euro Streikgeld sonntags die Zu stellung gemacht haben. Dazu hat dann die Gewerkschaft gesagt, damit haben wir gar nicht gerechnet , dass die Post zu solchen Mitteln greift. Bei so einem skrupellosen Arbeitgeber, muss man auch massi ver auftreten, sonst kommt so ein Ergebnis raus, wie es eben raus gekommen ist.

OKG: Letzte Frage: Bei Delivery, wie sieht es da mit den Verhandlungen aus? Ist das bei ver.di oder den Treffen Thema? Denn es betrifft euch ja auch direkt, seid ihr da mit eingebunden?

Boris: Da bin ich wirklich gespannt, wie das jetzt los geht. Da finden im Herbst Verhandlungen statt, und die Strukturen werden aufgebaut.

Andreas: Also bei der Betriebsversammlung kam das schon zur Sprache, dass das wichtig wäre, die Kollegen bei Delivery zu organisieren, deren Tarifverträge anzuheben und damit gleicht man ein Bisschen aus, was die Post versucht durch die Gründung, eine Tochterfirma zu haben, wo man Leute weit unter Tariflohn anstellen kann.

Boris: Bei uns herrscht jetzt wieder Friedenspflicht. Wenn es bei denen zu Action kommt, müssten wir die Füße still halten.

OKG: Aber ihr könnt langsamer arbeiten oder geht dort auch mal zu den Versammlungen, oder helft beim Flyern ...

Andreas: ... oder man kann Betriebsversammlungen machen ... .

Boris: ...oder verstaucht sich die Hand.

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